„Avanti Popolo“ gegen „Laudate omnes gentes“

05. November 2019: KiNi-Theater spielt „Don Camillo und seine Herde“

Halbzeit bei der KiNi-Theatergruppe in Niederwinkling in der Spielsaison 2019: Kurz nach Start des Kartenvorverkaufs Ende Juni waren alle zehn angesetzten Vorstellungen restlos ausverkauft. Schon die Generalprobe zeigte, dass das ausgewählte Stück wieder den Geschmack des Publikums traf. Die anfänglichen Zweifel, ob das Stück auch bei dem jüngeren Publikum ankommt, wurden spätestens hier widerlegt. Schon während des Stücks belegen aufbrandender Zwischenapplaus und herzhafte Lacher aus dem Publikum, dass „Don Camillo und Peppone“ immer noch beziehungsweise für KiNi wieder ein Volltreffer ist.

NIEDERWINKLING Das Theaterstück von Gerold Theobalt nach dem Roman „Don Camillo e il suo gregge“ von Giovannino Guareschi, beinhaltet aber auch alles, was eine wundervolle Komödie braucht. Die beste Vorlage für dieses tolle Theaterstück bieten zudem die bekannten italienischen Schwarzweiß-Spielfilme aus den 50er-Jahren.

Zu Beginn des Theaterstückes wurden die Zuschauer im Begegnungszentrum mit einem eigens produzierten Filmvorspann in die gute alte Zeit des Schwarzweiß-Films zurückversetzt. Anschließend führte Andreas Piening als Erzähler das Publikum charmant in das Stück ein und auch im Verlauf des Abends war er die Stimme im Hintergrund.

Das Stück beschreibt die Menschen in Italien kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Stimmung in dem kleinen italienischen Dorf ist kurz nach der Wahl aufgeheizt. Die Wahlstimmen sind nicht noch nicht ganz ausgezählt und die Spannung steigt spürbar an. Die beiden Protagonisten des Stückes bilden den roten Faden durch die turbulente Komödie. Der eine ist Don Camillo, der bravourös und mit Perfektion von Andreas Decker gespielt wird. Ein Priester mit Leib und Seele, spricht ständig zu „seinem“ Herrn. Don Camillo ist Demokrat und auch mit hervorragenden, boxerischen Fähigkeiten versehen. Der andere ist der Bürgermeister des Ortes, Guiuseppe Bottazzi, genannt Peppone, in diese Rolle schlüpft meisterlich Günter Kellermeier, im Stück ein Vorzeige-Kommunist und schlagfertig in jeder Hinsicht. Hinter jedem starken, erfolgreichen Mann steht eine noch stärkere Frau. Im Theaterstück ist dies Evelyn Langner als die Frau vom Peppone. Sie schwingt grandios ihr Zepter, verbessert nicht nur die Grammatikfehler von Peppone und bringt den harten Anführer seiner Parteigenossen so weit, dass er beim Bezirzen seines „Mäuschens“ ganz klein wird. Der Jesus am Kreuz hat die Stimme von Sören Rybak bekommen. Er sorgt nicht sichtbar, jedoch einfühlsam und geheimnisvoll für Gänsehaut bei den Zuschauern. Eigentlich könnten Don Camillo und Peppone die allerbesten Freunde sein, wenn da nicht ihre politische Gesinnung im Wege stehen würde. So bekämpfen sie sich mit allen Mitteln und reißen ihren gesamten Ort mit. Der erzkonservative Großgrundbesitzer Cagnola, imposant dargestellt von Christian Illner, bekämpft Don Camillo und Bürgermeister Peppone mittels Parolen sowie hinterlistig mit Rizinusöl. Seine liebenswerte Tochter ist Paolina, von Katharina Knon mit tollem schauspielerischem Können gespielt. Sie hat mit der Wahl ihres Geliebten, dem jungen Kommunisten Falchetto Rosso, überzeugend echt von Fabian Kilger dargestellt, so richtig Öl ins Feuer der politischen Kämpfe gegossen. Herrlich greifen alle Darsteller mit Worten und Fäusten in das Geschehen des Stückes ein. Die Rolle des alten Arztes Dr. Tirelli spielt Uli Kizak unbeschreiblich routiniert und für die Rolle um 20 Jahre gealtert. Im Stück möchte er ausschließlich von Don Camillo die letzten, heiligen Sakramente empfangen. Eine besondere Charakterrolle ist die der Haushälterin und Hebamme Desolina. Ein Meisterstück der Verwandlung vollbringt in dieser Rolle Franziska Neppl. Mit völliger Gelassenheit begleitet sie in einem Aufwasch eine Geburt, macht die Trauzeugin, ministriert bei der Taufe und belohnt sich bei Bedarf selbst mit einem Grappa, ihrem Lieblingsgetränk. Die beiden Gehilfen von Peppone sind Christian Kerschl und Karl Kunst. Als tollpatschige Kommunisten Fulmino und Smilzo stolpern sie, trotz der Bewaffnung mit dem Gewehr, herrlich naiv durch das ganze Theaterstück. Sie schaffen es, exzellent doof in noch so heiklen Momenten den Zuschauern ein lautes Lachen zu entlocken. In mehreren beeindruckenden Aufmärschen zeigen die kommunistischen Genossen samt Marschkapelle wie man ordentlich in Reihe und Glied an der Seite von Peppone das Dorf einschüchtert. Nur eine kleine Gruppe hat davor keine Angst. Es sind die Demokraten, die fromm und gottesfürchtig das lateinische „Laudate omnes gentes“ und auch die italienische Nationalhymne den „Roten“ entgegen singen. Der begeisternde Applaus des Premierenpublikums wollte gar nicht enden und belohnte die gesamte KiNi-Truppe für künstlerische mehrmonatige Arbeit.

Ein typisches KiNi-Werk, in der das gesamte Spielerensemble mit italienischem Akzent und nicht zu verhinderndem Hauch des Bayerischen „Brauch´ ma nix schmatzen“ das Publikum begeisterte. Die Musik im Stück wurde durch KiNi-Sänger, Musikanten sowie der „Werkstatt-Kapelle“ der Freiwilligen Feuerwehr Niederwinkling für das Stück arrangiert. Das wundervolle Bühnenbild, entworfen durch Günter Mehrl mit seinem Bühnenteam, der Lichttechnik von Wolfgang Kerschl, Simon Mehrl, Nils Rybak sowie der Tontechnik von Roman und Johannes Sammer, verstärkten die Gesamtleistung zusätzlich. Die verschiedenen KiNi-Teams wie zum Beispiel der Maske, Frisuren, Inspizienten, Requisite, Organisation, Catering, insgesamt 76 Mitstreiter, haben maßgeblich zum Gelingen des Gesamtwerkes „KiNi-Theater“ beigetragen. Und auch in diesem Jahr ist die Handschrift des Chefs dieser Theatergruppe nicht zu übersehen. Seit nun über fünf Jahren setzt Christian Heigl bei der Ausstattung und Aufführung des Theaterstücks „eins ums andere Mal einen drauf“. Über Monate fordert und formt er seine Truppe akribisch und detailverliebt auf die Aufführungen hin. Der KiNi-Stammgast Josef Wilfling beschrieb es bei seinem Besuch so: „KiNi ist ein tolles Gesamtpaket mit Theater, passendem Spektakel rundherum und vor allem eine kleine Welt, um vom Alltag zu fliehen.“


Das von Christian Heigl und Ilona Rybak inszenierte Spektakel wird noch bis Samstag, 9. November, im Dorf-und Begegnungszentrum Niederwinkling zu sehen sein. Leider sind alle Vorstellungen restlos ausverkauft. Bleibt für Zuschauer, die in diesem Jahr kein Ticket-Glück hatten, nur der Trost, bei der Produktion im nächsten Jahr im Rahmen eines Vorverkaufstages Tickets ergattern zu können.